Was müssen Sie dazu wissen? Die Bußgeld- und Strafsachenstellen sind angewiesen, für die Versagung der Restschuldbefreiung nach § 302 Nr.1 InsO (Nummer 70 Absatz 2 AStBV (St) Sorge zu tragen. Daher darf die Verteidigung nicht aus den Augen verlieren, dass bei Steuerhinterziehung und drohender Insolvenz immer die Restschuldbefreiung als Damoklesschwert über dem Verfahren schwebt. Interessant dazu ist die Entscheidung des FG Berlin-Brandenburg vom 5. Juli 2021, Az. 16 K11072/19. In diesem Fall ging es darum, dass der Kläger die Eröffnung des Insolvenzverfahrens und die Restschuldbefreiung beantragte. Das Finanzamt hat in diesem Verfahren Steuerforderungen in Höhe von circa 111.000 € zur Tabelle angemeldet. Erst danach wurde der Kläger rechtskräftig wegen Steuerhinterziehung verurteilt. Daraufhin berichtigte das Finanzamt die Anmeldung und stellte klar, dass ein Teilbetrag von circa 68.000 € im Zusammenhang mit einer Steuerstraftat stehe und daher eine Restschuldbefreiung ausgeschlossen sei. Gegenüber dem Insolvenzgericht widersprach der Kläger, das Finanzamt erließ jedoch gegenüber dem Kläger einen Bescheid, wonach die Restschuldbefreiung in Höhe des beantragten Teilbetrags ausgeschlossen sei. Dagegen legt der Kläger erfolglos Einspruch ein.
Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg führte dazu aus, dass der angegriffene Bescheid zunächst ein Feststellungsbescheid gemäß § 251 Abs. 3 AO darstelle. Diesen Bescheid dürfte das Finanzamt erlassen, auch wenn die rechtskräftige Verurteilung erst nach Anmeldung zur Insolvenztabelle erfolgte. Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg stellte nochmals eindeutig klar, dass die rechtskräftige Verurteilung noch nicht bei der Forderungsanmeldung vorliegen muss, spätestens aber beim Schlusstermin. Offen bleibt in dieser Entscheidung, wie damit umzugehen ist, dass bei der Forderungsanmeldung zur Tabelle nicht bereits angegeben wurde, dass die Forderung aus einer Steuerhinterziehung stammt.
Gegen diese Entscheidung des FC Berlin-Brandenburg wurde Revision eingelegt. Es bleibt abzuwarten wie das Revisionsgericht entscheiden wird.
Auch in Insolvenzstrafverfahren ist daher aufzupassen. Es geht dabei nicht nur um die Ermittlung der zivilrechtlichen Haftung, wobei natürlich in Strafverfahren es gerade darum geht, den Zeitpunkt der Insolvenz so weit wie möglich nach vorne zu verlagern, sondern als Verteidiger hat man auch den Mandanten möglichst dahingehend zu beraten, für welche Arten von Forderungen er keine Restschuldbefreiung mehr erwarten kann. Wird der Mandant dann noch weiter im Insolvenzverfahren betreut, ist die hiesige Entscheidung zu beachten.