Interessante Entscheidung des LG Kiel zu der Unwirksamkeit einer Einwilligung bei einer Durchsuchung von Polizeibeamten. Der Entscheidung des Landgerichts Kiel, Beschluss vom 19.8.2021 – 10 QS 43/21 – lag folgender Sachverhalt zu Grunde:
Bei einer Polizeikontrolle fiel den Polizeibeamten auf, dass der von dem Beschwerdeführer aus seiner Bauchtasche hervorgeholte Personalausweis stark nach Marihuana roch. Aus dem Kraftfahrzeug des Beschwerdeführers roch es ebenfalls stark nach Marihuana.
Der Polizeibeamte fragte, nachdem ihm freiwillig die Bauchtasche herausgegeben worden war und in dieser sich eine Ecstasy-Tablette und eine geringe Menge Marihuana befanden, ob er auch den Kofferraum des Kraftfahrzeugs sehen dürfte. Der Beschwerdeführer war zunächst damit einverstanden. Im Kofferraum wurden daraufhin mehrere Plastiktüten mit insgesamt 2 kg Marihuana aufgefunden.
Die Polizeibeamten nahmen daraufhin telefonisch Kontakt zu dem Bereitschaftsstaatsanwalt der Staatsanwaltschaft Kiel auf, schilderten den Vorfall, woraufhin die mündliche Durchsuchung des übrigen Kraftfahrzeugs des Beschwerdeführers und die Durchsuchung der Wohnung des Beschwerdeführers angeordnet wurde.
Das Amtsgericht Kiel stellte fest, dass die Durchsuchung des Kofferraums rechtmäßig gewesen war. Gegen diesen Beschluss wurde seitens des Beschwerdeführers Beschwerde eingelegt. Das Landgericht Kiel gab der zulässigen Beschwerde statt.
Im Ergebnis entschied das Landgericht Kiel, dass es zuvor einer staatsanwaltschaftlichen oder richterlichen Durchsuchungsanordnung bedurft hätte; diese lag nicht vor. Der Beschwerdeführer hätte zwar freiwillig einwilligen können, diese Einwilligung sei jedoch unwirksam gewesen. Die Unwirksamkeit stützte das Landgericht auf die fehlende Belehrung des Polizeibeamten nach § 500 Abs. 1 StPO in Verbindung mit § 51 Abs. 3 Satz 3 BDSG. Man hätte ihn darauf hinweisen müssen, dass seine Einwilligung widerrufbar gewesen wäre und dieser Widerruf eine ex nunc Wirkung gehabt hätte. Auch haben die Polizeibeamten nicht auf den vorgesehenen Zweck der Datenverarbeitung hingewiesen. § 500 Abs. 1 StPO erklärt die § 45 ff. BDSG für entsprechend anwendbar. Es handelt sich vorliegend auch um einen Datenverarbeitungsvorgang. Zu einem Datenverarbeitungsvorgang gehört das Erheben von Daten. Die Polizeibeamten seien im Rahmen ihres repressiven Aufgabenbereichs tätig gewesen und hätten die Information erhoben, dass sich Betäubungsmittel in dem Kraftfahrzeug des Beschwerdeführers befinden. Dabei handelt es sich um ein personenbezogenes Datum, auf welches das Bundesdatenschutzgesetz Anwendung findet. Dieses Datum sei auch personenbezogen, weil es über das Kraftfahrzeug, in welchem die Betäubungsmittel gefunden wurden, einen eindeutigen Bezug zum Beschwerdeführer aufweist, denn es ist auf diesen zugelassen. Auch wenn ein späterer Widerruf die Rechtmäßigkeit der aufgrund der Einwilligung erfolgten Verarbeitung nicht berührt, vergleiche dazu § 51 Abs. 3 Satz 2 BDSG, fehlt es hier jedoch vorab an der Information an den Beschwerdeführer, dass überhaupt eine Einwilligung gegeben und diese später widerrufen werden kann.
Aus meiner Sicht, eine sehr interessante Entscheidung. Denn ein Stück „luftleerer Raum“ wird hier mit Normen gefüllt. Ob es für die Verteidigung Vorteile bringt, mag dahinstehen. Denn ich gehe davon aus, dass die Behörden sich alsbald darauf einstellen werden und die entsprechend notwendige Form der Belehrung schulen werden.