In der heutigen global vernetzten Arbeitswelt spielt die A1-Bescheinigung eine zentrale Rolle für die grenzüberschreitende Beschäftigung innerhalb der EU. Die Bescheinigung bestätigt, dass Arbeitnehmer, die vorübergehend in einem anderen Mitgliedstaat arbeiten, weiterhin in ihrem Heimatland sozialversichert sind. Das kürzlich ergangene Urteil des BGH vom 30.04.2024 (1 StR 426/23) hat dabei die Debatte um die Verbindlichkeit solcher Bescheinigungen grundlegend verändert.

Das Urteil bekräftigt, dass A1-Bescheinigungen grundsätzlich bindend sind, selbst wenn Zweifel an ihrer Rechtmäßigkeit bestehen. Auch im Fall eines möglichen Missbrauchs oder Betrugs sind die Bescheinigungen bis zu ihrem Widerruf durch den ausstellenden Staat gültig. Diese Bestätigung stärkt den Schutz von Unternehmen, die zwangsweise auf solche Dokumente vertrauen.

Interessant ist, dass das Gericht die strafrechtliche Tatbestandswirkung der Bescheinigungen im Bereich des Vorenthaltens von Arbeitsentgelt betont hat. Während frühere Urteile es ermöglichten, bei Verdacht auf Manipulation von Sozialversicherungsbescheinigungen in Deutschland strafrechtliche Konsequenzen zu ziehen, stellt das neue Urteil klar, dass eine solche Bescheinigung für deutsche Strafverfolgungsbehörden bindend bleibt. Das bedeutet, dass Verstöße gegen Sozialversicherungsrecht nicht auf der Grundlage infrage gestellter A1-Bescheinigungen verfolgt werden können, solange diese nicht offiziell widerrufen wurden.

Dieses Urteil bringt für Unternehmen mehr Klarheit und Sicherheit im Umgang mit ausländischen Arbeitskräften. Betriebe, die auf die Rechtmäßigkeit und Gültigkeit von A1-Bescheinigungen vertrauen, sind damit grundsätzlich vor nachträglichen strafrechtlichen Konsequenzen geschützt. Unternehmen müssen jedoch weiterhin sicherstellen, dass ihre Entsendeverfahren sauber dokumentiert und die Bescheinigungen ordnungsgemäß beantragt werden.

Die A1-Bescheinigung bleibt somit ein wichtiges Instrument für die Absicherung der Sozialversicherungsansprüche grenzüberschreitender Arbeitnehmer, aber auch ein Bereich, in dem Unternehmen wachsam bleiben müssen, um nicht in Grauzonen zu geraten.