Es kann vorkommen, dass auf Basis unrichtiger Langzeitlieferantenerklärungen falsche EUR.1 Erklärungen ausgestellt werden. Diese führen häufig in Drittländer, wo die Ware eingeführt wird, zu Präferenzbehandlung bzw. zu Steuervergünstigungen. Dies hat zur Folge, dass entweder gar keine oder geringere Einfuhrzölle gezahlt werden müssen. Fällt das EUR.1 – da falsch – weg, so werden beim Kunden im Ausland Zölle nacherhoben und ebenfalls die Einfuhrumsatzsteuer korrigiert. Das Risiko von Straf- und bußgeldrechtlichen Folgen stellt sich
ebenso wie potenzielle Schadenersatzforderungen der Kunden.
Folgende Normen sind hier von Belang:
§ 370 Abgabenordnung (AO): Das Ausfüllen falscher Langzeitlieferantenerklärungen erfüllt per se noch nicht den Straftatbestand einer Steuerhinterziehung. Führen dieser aber zu falschen EUR. 1 Erklärungen, kann Beihilfe zur Steuerhinterziehung vorliegen. Denn die EUR. 1 Erklärung bewirkt z.B. eine Präferenzbehandlung im Ausland, die zu geringeren Einfuhrzöllen führt oder diese ganz entfallen lässt. Eine Ausweitung erfährt der Tatbestand durch § 370 Abs. 6 AO: eine Steuerhinterziehung liegt auch vor, wenn Einfuhr- und Ausfuhrabgaben betroffen sind, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die Mitgliedsstaat der europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staaten zustehen. Es ist daher ganz genau zu prüfen, ob das Einfuhrland hier erfasst ist oder nicht. Führen die EUR1 in dem entsprechend belieferten Einfuhrland zu keiner Änderung – auch das kann vorkommen – haben sich die EUR. 1 Erklärungen dort nicht ausgewirkt. Es kommt zu keiner Verwirklichung von § 370 AO.
§ 267 Strafgesetzbuch (StGB): Eine Strafbarkeit wegen Urkundenfälschung gem. § 267 StGB kommt jedenfalls nicht in Betracht, da über den Hersteller der Erklärung nicht getäuscht wird, sondern nur eine schriftliche Lüge vorliegt. Das von § 267 StGB geschützte Rechtsgut ist nicht verletzt.
§ 271 StGB: Seltener stellt sich die praktische Frage, ob durch das Erwirken eines falschen Ursprungszeugnisses eine mittelbare Falschbeurkundung gemäß § 271 StGB gegeben ist. Entsprechende Literatur dazu ist kaum zu finden. Grundsätzlich ist dies wohl der Fall, weil das Ursprungszeugnis inhaltlich falsch ist und dem Ursprungszeugnis der Charakter einer öffentlichen Urkunde gem. § 415 ZPO zukommt. Eine Entscheidung zu diesem konkreten Fall ist dazu
allerdings noch nicht ergangen.
§ 379 AO: Auch die Vorschrift der Steuergefährdung gem. § 379 AO könnte verwirklicht sein. Gem. § 379 Abs. 1 Nr. 1 AO handelt ordnungswidrig, wer Belege ausstellt, die in tatsächlicher Hinsicht unrichtig sind, was hier der Fall ist.
§ 81 Außenwirtschaftsverordnung (AWV): Zudem kommt die Verletzung des § 81 Abs. 2 Nr. 3 AWV i.V.m. § 19 Abs. 3 Nr. 1 b AWG in Betracht. Auch hier handelt es sich hier um eine Ordnungswidrigkeit. Die Norm ist erfüllt, da die Ware inklusive Begleitdokumenten bei der Ausfuhr nicht richtig gestellt worden ist. Die Norm unterscheidet allerdings zwischen Ausfuhranmeldung und der Gestellung. Eine unrichtige Ausfuhranmeldung scheint im Moment aus der Ordnungswidrigkeit herauszufallen, da die Vorschrift § 81 Abs. 2 Nr. 3 AWV nur auf § 12 Abs. 1 AWV verweist und nicht auch auf § 12 Abs. 2 AWV.
Wie gehen die Behörden nun damit in der Praxis um?
Wir haben gute Erfahrungen damit gemacht, den Sachverhalt aufzudecken und die Behörden über die im Unternehmen gefundenen Erkenntnisse ins Bild zu setzen. Erfolgen sogleich Änderungen der internen Compliance-Strukturen, die ähnliche Fälle zukünftig verhindern, nehmen die Behörden die Situation positiv auf. Zuletzt ist fraglich, ob daraus nun eine Bebußung des Unternehmens droht oder ob die Behörde den Fall überhaupt weiterverfolgt. Kommt es zur bußgeldrechtlichen Ahndung, tut die Verteidigung gut daran, den Bebußungsteil auf 200 Euro maximal zu verhandeln, dafür kann man den Abschöpfungsteil höher ansetzen. Der Abschöpfungsteil ist steuerlich absetzbar, das einkommensteuerrechtliche Abzugsverbot greift hier nicht. Ist die Grenze 200 EUR für den Bebußungsteil eingehalten,
erfolgt auch keine Eintragung ins Gewerbezentralregister.
Unabhängig davon, dass § 271 StGB tatsächlich erfüllt sein könnte, wurde diese Vorschrift in der Praxis noch nie aufgegriffen. Diese würde auch im worst case dazu führen, dass die Zollbehörde den Fall an die
Staatsanwaltschaft abgeben muss.
Es lohnt sich jedenfalls, Fehler im Unternehmen proaktivanzugehen und die Praxis zeigt, dass auch die Behörden dann an einer einvernehmlichen Lösung interessiert sind. Gerne können Sie uns dazu jederzeit Kontaktieren .