Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat mit Beschluss am 4. Dezember 2023 (2 BvR 1699/22) einer Verfassungsbeschwerde gegen die Ablehnung einer Wiederaufnahme eines Strafverfahrens stattgegeben.
Der Fall betrifft die Mitwirkung eines Richters als Berichterstatter, der später auch im Verfahren gegen die Beschwerdeführerin den Vorsitz führte. Dies begründet aus Sicht der Beschwerdeführerin die Besorgnis der Befangenheit. Das ursprüngliche Gericht wies das Ablehnungsgesuch zurück und verurteilte die Beschwerdeführerin im April 2014 wegen Mordes. Sowohl die Revision als auch die Verfassungsbeschwerde gegen dieses Urteil blieben erfolglos. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) stellte jedoch fest, dass die Mitwirkung des vorsitzenden Richters einen Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention darstellte.
Daraufhin beantragte die Beschwerdeführerin die Wiederaufnahme des Strafverfahrens, doch auch dieser Antrag wurde ebenso wie die dagegen eingelegte sofortige Beschwerde abgelehnt.
Die 3. Kammer des BVerfG stellte nun endlich klar: Die Anforderungen an den Nachweis, dass das Urteil auf dem Konventionsverstoß beruht, sind derart unerfüllbar und unzumutbar, dass der Zugang zu einer erneuten Hauptverhandlung in unvertretbarer Weise erschwert wird.
In letzter Zeit treten Fälle vermehrt auf, in denen die Vorbefassung und daraus resultierende Fragen der Voreingenommenheit eines mitwirkenden Richters eine Rolle spielen.
Gerade deshalb ist diese Entscheidung des BVerfG besonders begrüßenswert. Sie durchbricht diese sich scheinbar entwickelnde Negativspirale, da Gerichte die Konsequenz der Befangenheit durch Vorbefassung nicht zu ziehen scheinen.
Die Wirtschaftsstrafrechtliche Vereinigung (WiSt e.V.) plant dazu am 8. Oktober in Stuttgart eine Veranstaltung, bei der diese Themen aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet werden.