Es kann durchaus vorkommen, dass nicht nur in Wirtschaftsstrafverfahren sondern auch in Steuerstrafverfahren der Aspekt der überlangen Verfahrensdauer zum Tragen kommt. Denn auch Steuerstrafverfahren können Umfangsverfahren darstellen. Zum einen erstreckt sich der Vorwurf der Steuerhinterziehung über eine lange zeitliche Periode. Liegt dann noch ein besonders schwerer Fall vor, werden Zeiträume relevant, die mehr als 10 Jahre zurück liegen können.
Die Ermittlungen, meist beginnend mit einer Durchsuchung, dauern dementsprechend lange. Kommt es zur Anklage beim Landgericht, vergeht dort weitere Zeit bis es zur Zulassung der Anklage und zur Eröffnung des Verfahrens kommt. Weitere Zeit vergeht, bis die Hauptverhandlung tatsächlich durchgeführt wird. Da nach einer Hauptverhandlung vor dem Landgericht nur noch das Rechtsmittel der Revision möglich ist, wird der Verteidiger gut daran tun, den Sachverhalt auch vom Gericht nochmals ausermitteln und nachvollziehen zu lassen und er wird Beweisanträge stellen, wo diese notwendig sind. Dementsprechend lange kann sich eine erstinstanzliche strafrechtliche Hauptverhandlung hinziehen.
Wird Revision eingelegt, so prüft das Revisionsgericht, ob begründete Verfahrensfehler vorliegen oder aber auf die Sachrüge hin überprüft es, ob das Urteil Rechtsfehler aufweist.
In den Bereich der Sachrüge fallen auch die Überprüfung des Schuldspruchs und die Kompensationsentscheidung, also ob der Aspekt der überlangen Verfahrensdauer hinreichend berücksichtigt wurde. In seinem Beschluss vom
26. Oktober 2017 hat der BGH entschieden, dass der Abstand zwischen Tat und Urteil bei der Bestimmung der Rechtsfolgen unter drei Aspekten von Belang sein kann. Erstens kann der Zeitraum für sich genommen ins Gewicht fallen, zweitens kann der Verfahrensdauer deshalb eine eigenständige Bedeutung zukommen, weil es den Betroffenen schwer belastet und drittens kann darüber hinaus eine rechtsstaatswidrige Verfahrensdauer sich zu Lasten des Angeklagten auswirken (BGH Beschluss vom 26. Oktober 2017 – 1 StR 359/17). In dem Urteil, das dem BGH zur Überprüfung vorlag, hatte das Landgericht Landshut den Zeitraum nicht als eigenständigen und auch bestimmenden Strafzumessungsgesichtspunkt bei der Straffindung gewürdigt, so dass die Einzelstrafen und die Gesamtstrafe aufgehoben wurden.
In der Praxis sollte daher ein ergangenes Urteil auch dahingehend überprüft werden, ob die Verfahrensdauer hinreichend berücksichtigt wurde.