Es ist nicht ungewöhnlich, dass im Bereich des Zollrechts Streitfragen mit dem Zoll darüber bestehen, in welche Position der Zollnomenklatur eine Ware einzureihen ist. Doch finanziell können die Auswirkungen der unterschiedlichen Einreihung erheblich sein. Denn es macht einen Unterschied, ob Sie auf ein Importvolumen von 1 Mio. Euro 2 % oder 10 % Einfuhrabgabe zu tragen haben.
Da ist guter und kompetenter Rat gefragt. Um Unsicherheiten bei der Einreihung zu vermeiden, wird häufig von auf Zollrecht spezialisierten Anwälten empfohlen, eine sog. verbindliche Zolltarifauskunft (vZTA) einzuholen. Doch ist nach Änderung der Gesetzeslage zum 1.5.2016 Vorsicht geboten. Auf der einen Seite kann die vZTA Rechtssicherheit bringen, auf der anderen Seite entfaltet diese aber auch (möglicherweise zu Lasten des Antragstellers/Berechtigten) Bindungswirkung.
In diesem Zusammenhang sind zwei Entscheidungen, die bei den Finanzgerichten anhängig waren und sich mit dieser Spezialmaterie des Zollrechts befassen, von besonderer Bedeutung. Nach der vormaligen Rechtslage war der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung einer verbindlichen Zolltarifauskunft unzulässig, da eine verbindliche Zolltarifauskunft gem. Art. 12 Zollkodex keinen vollziehbaren Verwaltungsakt darstellt; so z. B. noch das Finanzgericht Hamburg in seinem Beschluss vom 20.2.2014 – 4 V 140/13.
In der Entscheidung heißt es, dass es sich bei der vZTA um einen begünstigenden, feststellenden Verwaltungsakt handelt, der zwar die Behörden hinsichtlich der Einreihung bindet, nicht aber den Berechtigten selbst. Daher konnte der Berechtigte der Wirkung einer verbindlichen Zolltarifauskunft jedenfalls unproblematisch dadurch entgehen, dass er schlicht von dieser keinen Gebrauch machte.
Anders ist die derzeitige Rechtslage des Zollrechts seit Mai 2016. So hat das Finanzgericht Hamburg in seinem Beschluss vom 21.12.2017 – 4 V 143/17 nun festgehalten, dass der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung einer verbindlichen Zolltarifauskunft gem. Art. 33 Abs. 1, 1. Alt UZK nach § 69 FGO i. V. m. Art. 45 UZK statthaft ist, da nunmehr die verbindliche Zolltarifauskunft einen vollziehbaren und damit aussetzungsfähigen Verwaltungsakt darstellt.
Die verbindliche Zolltarifauskunft wird nämlich ab dem Tag wirksam, ab dem diese dem Antragsteller/Berechtigten zugestellt wird. Daher kann – anders als nach der vorigen Rechtslage – dieser Verwaltungsakt nicht nur begünstigende, sondern auch belastende Rechtswirkung entfalten.
Im Ergebnis bedeutet dies, dass – will man der Bindungswirkung der vZTA entgehen – zunächst ein Aussetzungsantrag zu stellen ist, der inzwischen auch als zulässig erachtet wird.
Weiter muss dieser gut begründet werden. Denn ausgesetzt wird die Vollziehung der vZTA nur, wenn sich ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides ergeben und wenn dem Beteiligten durch den Vollzug ein unersetzbarer Schaden entstehen könnte. Dabei erfolgt nur eine summarische Prüfung durch die Behörde oder das Gericht.
In der Entscheidung des Finanzgerichts Hamburg heißt es dazu, dass begründete Zweifel vorliegen, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Bescheids neben den für seine Rechtmäßigkeit sprechende Umstände gewichtige Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit in der Beurteilung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung von Tatfragen bewirken. Dabei wird auch die Einreihung unter die entsprechende Zollnomenklatur summarisch überprüft.
Weiteres Argument für die Aussetzung wäre, dass ein unersetzbarer Schaden für den Berechtigten entsteht. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass zwar der Berechtigte zunächst die Einreihung entsprechend der verbindlichen Zolltarifauskunft vorzunehmen hat. Auf der anderen Seite erhält er die Einfuhrabgaben auch wieder erstattet, sollte z. B. im Hauptsacheverfahren die Rechtswidrigkeit der verbindlichen Zolltarifauskunft festgestellt werden. Es bleibt dann ggfs. noch vorzutragen, dass sich durch den Vollzug der verbindlichen Zolltarifauskunft eine unmittelbare Existenzgefährdung einstellt.
Ist die verbindliche Zolltarifauskunft wirksam, stellt sich auf der nächsten Ebene und in Vorbereitung einer auch im Zollrecht vorkommenden routinemäßigen Zollprüfung im Unternehmen die Frage, wie man mit den Altfällen umgeht. Hier ist an die Berichtigungspflicht des § 153 AO zu denken, mit der Folge, dass alle Einfuhren, die in der Vergangenheit die falsche Einreihung aufweisen, wieder aufzurollen und den Behörden „unverzüglich“ bekannt zu geben sind. Hier ist kompetente Beratung und Unterstützung von auf das Zollrecht spezialisierte Rechtsanwälte erforderlich.
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